header banner
Default

Der Kanton Waadt verbietet die Werbung von Toyota aufgrund von "sexistischem Charakter"


In Lausanne sind mehrere Werbeplakate überklebt worden. Die Schlankheit des Models fördere Stereotype, heisst es.

Der zuständigen Waadtländer Kommission waren das angehobene Bein und der Blick des Models Anja Leuenberger zu viel. Im Kanton Waadt darf dieses Plakat nicht mehr gezeigt werden.

Die meisten Personen würden wohl einfach daran vorbeigehen: Auf einem Werbeplakat für einen gelben Toyota Prius wird die Beifahrertür vom Aargauer Topmodel Anja Leuenberger verdeckt. Leuenberger trägt ein orangenfarbenes Abendkleid, ein Seitenschlitz legt ihre Beine frei. Daneben steht: «Wow! Der neue Prius.»

Im Kanton Waadt hat dieses Bild die Gemüter erhitzt. In Lausanne wurden mehrere Werbeplakate überklebt, wie «24 heures» berichtet hat. Nach Angaben von Toyota Schweiz waren es insgesamt drei.

Kein Zusammenhang zwischen Person und Produkt?

Am 29. August war die beratende Kommission für sexistische Werbung wegen des Werbeplakats zusammengekommen. Daraufhin veröffentlichte sie eine Stellungnahme, in der sie den «sexistischen Charakter» der Plakatwerbung bemerkte. Auf die Kampagne aufmerksam geworden waren die Behörden wegen der Beschwerde einer Passantin. Diese hatte das Plakat in Vevey und Le Mont-sur-Lausanne gesichtet.

Die Kommission beschreibt die Toyota-Werbung wie folgt: Das freigelegte Bein des Models sei in einer anzüglichen Position halb angewinkelt. Neben dem trägerlosen Kleid würden auch die Keilsandaletten und der auffällige Blick dazu beitragen, einen sexualisierten Eindruck des Körpers zu vermitteln. «Darüber hinaus trägt die Schlankheit des Models dazu bei, die Stereotype in Bezug auf den idealen weiblichen Körper zu verstärken.»

Aus Sicht der Kommission ist das Bild aus folgenden Gründen als «sexistisch» zu beurteilen: Die Frau sei nur zu dekorativen Zwecken abgebildet. Es gebe keine natürliche Verbindung zwischen der abgebildeten Person und dem angepriesenen Produkt. Trotz dem QR-Code, durch den man auf eine Website gelange, auf der Leuenberger die Vorzüge des Autos aufzähle. Wie etwa das Design und die Umweltfreundlichkeit.

Die Kommission hält fest: Das Model könnte eine Nutzerin des Autos sein, aber das wisse der Betrachter im ersten Moment nicht. Und unter diesem Gesichtspunkt müsse die Kommission urteilen. Somit komme sie zum Schluss, dass diese Werbung verboten werden müsse. Die Stadt Lausanne hat die Weisung sofort umgesetzt.

Aufmerksamkeit durch die Aufregung

Laut Toyota Schweiz gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Fahrzeug und Anja Leuenberger. Eine sexualisierte Darstellung sei nicht das Ziel dieser Werbekampagne gewesen, sagt der Toyota-Mediensprecher Björn Müller. Wenn man genau hinschaue, sehe man auf dem Bild die Markenbotschafterin, ein internationales Topmodel und eine Aktivistin für Gleichstellung und Nachhaltigkeit. Man habe sie wegen ihrer Werte und ihrer Persönlichkeit als Ambassadorin für den Prius gewählt. «Sie kämpft gegen das, was uns jetzt vorgeworfen wird», sagt Müller.

Ein Faktor sei auch Leuenbergers mediale Reichweite gewesen. Das Schweizer Model hat auf Instagram 99 600 Follower.

Das Unternehmen, sagt der Sprecher Björn Müller, könne aber nachvollziehen, dass der Zusammenhang zwischen der Markenbotschafterin und dem Fahrzeug für einen Vorbeifahrenden nicht sofort ersichtlich sei. Und dafür entschuldige man sich.

Müller weist darauf hin, dass das Plakat mit dem orangen Kleid das einzige der Werbekampagne gewesen sei, das beanstandet worden sei. Und verweist auf die anderen Fotos, auf denen Leuenberger posiert hat.

Dieses Bild hätte wohl nicht für gleich viel Aufregung gesorgt.

Wie auch immer: Die Zensur der Reklame ist nun wohl sogar die bessere Werbung für den neuen Toyota Prius. Eine solche Reaktion habe man natürlich nicht provozieren wollen, versichert Müller.

National ist Lauterkeitskommission zuständig

Der Kanton Waadt ist Vorreiter im Kampf gegen sexistische Werbung: 2019 verbot er sexualisierte Werbung im öffentlichen Raum. Für die Umsetzung sind letztlich die Städte zuständig.

Auch die Stadt Zürich geht gegen sexistische Werbung vor. Für Zürich gilt Werbung dann als sexistisch, «wenn sie ein Geschlecht in traditionell beschränkter Funktion als sexuell verfügbares Wesen oder nur mit stereotypen Eigenschaften darstellt; wenn sie Körper oder Körperteile wie Hintern und Brüste als Blickfang einsetzt und so voyeuristische Instinkte bedient». Ausschlaggebend sei der Gesamteindruck, die eine Werbung vermittle.

Auf der Website der Stadt Zürich kann man sexistische Plakate einsehen, die in den Jahren 2009 und 2011 am Flughafen Zürich und am Zürcher Hauptbahnhof aufgehängt waren.

Ein von der Stadt Zürich als sexistisch eingestuftes Werbeplakat der Saxo Bank, das im Jahr 2009 im Hauptbahnhof Zürich zu sehen war.

Um in Zürich ein Werbeplakat im öffentlichen Raum aufzuhängen, braucht man eine Bewilligung. Jede Werbung werde vorgängig überprüft, erklärt das Hochbaudepartement auf Anfrage. Zuständig dafür ist die Abteilung Reklameanlagen des Hochbaudepartements. Die Fachstelle für Gleichstellung kann beigezogen werden, um zu eruieren, ob ein Plakat sexistisch ist. Über ein Aushangverbot entscheidet laut Angaben der Stadt letztlich der Vorsteher des Hochbaudepartements.

Die Aargauer SP-Nationalrätin Yvonne Feri wünscht sich seit Jahren eine einheitliche Regelung auf eidgenössischer Ebene. Bis anhin können Personen, die eine Werbung als sexistisch, stereotypisch und diskriminierend empfinden, bei der Lauterkeitskommission eine Beschwerde einreichen. In einem Vorstoss von 2019 kritisiert Feri allerdings, dass die Kompetenzen dieser Kommission beschränkt seien. Kampagnen könnten zwar gestoppt werden, Verantwortliche aber nicht zur Rechenschaft gezogen oder bestraft werden.

Der Bundesrat hält die derzeitige Lösung für ausreichend. Die Selbstregulierung durch die Lauterkeitskommission gewährleiste ein effizientes Verfahren und funktioniere gut, hielt der Bundesrat 2019 in seiner Stellungnahme fest. Ähnlich argumentierte er bereits 2006, als die damalige Aargauer SP-Nationalrätin Doris Stump in einer Motion das Verbot von sexistischer Werbung forderte: Problemlösungen seien vorerst durch das Mittel der Selbsthilfe anzustreben statt durch staatliche Regelungen, schrieb der Bundesrat. Und er wies darauf hin, dass ein Werbeverbot einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Wirtschaftsfreiheit darstelle.

Das Verbot für das Plakat braucht Toyota Schweiz wohl nicht gross zu kümmern. Laut Angaben des Mediensprechers Björn Müller war die Werbekampagne bereits vor Veröffentlichung der Stellungnahme abgeschlossen. Verboten und verdeckt wird zudem nur das eine Bild von Leuenberger. Es gibt allerdings mehrere.

Sources


Article information

Author: Janet Mann

Last Updated: 1703506562

Views: 468

Rating: 4.5 / 5 (92 voted)

Reviews: 96% of readers found this page helpful

Author information

Name: Janet Mann

Birthday: 1982-01-25

Address: USNS Olsen, FPO AA 49352

Phone: +3784305720650766

Job: Article Writer

Hobby: Writing, Hiking, Mountain Climbing, Bowling, Sailing, Geocaching, Billiards

Introduction: My name is Janet Mann, I am a courageous, lively, risk-taking, Open, dazzling, accomplished, variegated person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.